Starke Lieferengpässe: Werden die Medikamente in Deutschland knapp?

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Viele Apotheken in Deutschland haben schon seit Monaten mit einem großen Mangel an Medikamenten zu kämpfen. Grund dafür sind starke Lieferengpässe von Wirkstoffen bei einigen Herstellern. Davon betroffen sind sowohl stationäre Apotheken als auch Online-Apotheken und sogar Krankenhäuser in Deutschland. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukten (BfArM) liegen aktuell ca. 250 Meldungen über momentan nicht-lieferbare oder nur eingeschränkt verfügbare Medikamente vor. Die Anzahl dieser Meldungen ist in den letzten Jahren sehr stark gestiegen, von nur 40 Meldungen im Jahr 2015, auf 108 in 2017, bis über 200 Meldungen 2018 und nun sind es 2019 schon 250. Lieferengpässe gibt es eigentlich fast immer und normalerweise stellen sie auch kein großes Problem dar, sehr kritisch dabei ist diesmal aber, dass es sich in 60% der Fälle um Arzneimittel handelt, die für die Behandlung besonders vieler Menschen benötigt werden. Am stärksten betroffen sind Antidepressiva, Schilddrüsenmedikamente, Schmerzmittel und Blutdrucksenker – notwendige Medikamente, bei denen eine kontinuierliche Fortführung der Therapie lebenswichtig sein kann und eigentlich für jeden Betroffenen garantiert werden sollte. Bei unzureichender Versorgung des benötigten Präparats, ist häufig nur der Umstieg zu alternativen Ersatzpräparaten möglich, was aber je nach Krankheitsfall auch problematisch sein kann und nicht immer die gewünschte Wirkung hervorruft. Aufgrund der aktuell angespannten Lage schaltet sich, neben Ärzten und Apothekern, auch die Politik in die Diskussion ein und fordert Sicherungsvorräte für versorgungsrelevante Medikamente, um Betroffenen in der Bevölkerung eine fortlaufende Therapie zu gewährleisten.

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Was ist der Grund für diesen Mangel an Medikamenten?

Der Hauptgrund für den Mangel ist die von den Herstellern ins Ausland verlagerte Produktion der Wirkstoffe von Arzneimitteln. Aus Kostengründen verlagern in den letzten Jahren viele Unternehmen ihre Herstellung oft nach Asien. Beliebte Länder für die kostengünstigere Herstellung von Wirkstoffen sind Indien und China. Dort sind sie häufig für die Produktion mehrerer Wirkstoffe von nur einem einzigen Produzenten abhängig. Unglücklicherweise kommt es vor Ort sehr häufig zu Problemen, die Produktionsausfälle zur Folge haben – das bekommen dann hier die Menschen zu spüren, die auf diese Medikamente angewiesen sind.

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Was bedeutet Lieferengpass und was sind die Gründe dafür?

Ein Lieferengpass bei Medikamenten bedeutet, dass die nachgefragten Medikamente nicht in der Menge verfügbar sind, in der sie benötigt werden. Genauer genommen spricht man von einem Lieferengpass, wenn ein Arzneimittel aufgrund von Produktionsausfällen über etwa zwei Wochen nicht lieferbar ist.

Das sind die häufigsten Gründe für Lieferengpässe bei der Medikamentenherstellung:

  • Qualitätsmangel in der Produktion
  • Längere Maschinenausfälle
  • Keine rechtzeitige Lieferung von Rohstoffen
  • Stockende Produktion aufgrund von knappen Hilfsstoffen oder Packmitteln, obwohl genug Wirkstoff vorrätig wäre
  • Wegen Ausbau oder Umbau wird Produktionsstätte stillgelegt
  • Starker Anstieg des Bedarfs, bei dem die Produktion nicht nachkommt
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Welche Medikamente sind davon betroffen?

Anders als bei den üblichen Engpässen, die es immer wieder mal gibt, sind diesmal bekanntere Medikamente betroffen, dessen Mangel eine größere Menge an Leuten beeinträchtigt und so mehr Aufmerksamkeit erregt. Die Zahl der Meldungen zu Arzneimitteln, die wirklich als versorgungsrelevant eingestuft werden, beinhaltet nicht alle 250 aktuellen Meldungen des BfArM, sondern ist oft geringer. Die Arzneimittel der folgenden Medikamenten-Gruppen sind zurzeit am stärksten von den Lieferengpässen betroffen:

  • Antidepressiva
  • Schilddrüsenmedikamente
  • Schmerzmittel (Ibuprofen)
  • Blutdrucksenker
  • Kochsalzlösungen
  • Krebsmittel
  • Hormonpräparate
  • Impfstoffe
  • Antibiotika
  • Narkosemittel
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Was kann der Patient in dieser Situation tun?

Wenn die eigenen Medikamente für einen längeren Zeitraum nicht lieferbar sind und die gewohnte Behandlung nicht fortgeführt werden kann, gibt es vier gute Handlungsoptionen für Patienten:

  1. Sich bei vielen verschiedenen stationären und Online Apotheken über eine mögliche Lieferung informieren
  2. Auf alternativ verfügbare Darreichungsformen ausweichen
  3. Zeitweise Ersatzpräparate in Erwägung ziehen
  4. Wenn möglich, nach Absprache mit dem Arzt auf ein anderes Medikament umsteigen

Außerdem ist es für Betroffene wichtig, sich regelmäßig zu informieren! Als zuständige Bundesbehörde informiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) regelmäßig über aktuelle Lieferengpässe. Nicht nur Ärzte und Apotheker, sondern auch Patienten können sich so einen Überblick verschaffen und sehen wann ihr Medikament wieder verfügbar ist.

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Welche Rolle spielen Rabattverträge?

In der Diskussion rund um Lieferengpässe und den Gründen für den derzeitigen Versorgungsproblemen in Deutschland, sehen Apotheker und Politiker nicht nur die Hersteller und ihre verlagerte Produktion als Ursache, sondern auch die Rabattverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen. Eine Mitschuld an dem Mangel wird somit auch den Krankenversicherungen gegeben. Diese schließen mit einzelnen Herstellern Rabattverträge ab, bei denen die Krankenkassen teilweise Milliardenbeträge auf die Mittel eines bestimmten Herstellers sparen. Im Gegenzug dazu gewährleisten die Krankenkassen den Pharmaherstellern, dass Patienten im Normalfall auch nur diese rabattierten Medikamente erhalten, sofern Lieferung möglich ist. Ist die Lieferung für längere Zeit nicht möglich, kann es zum Problem kommen.

Aus Gründen der Kostenersparnis, legen Arzneimittelhersteller oft kaum noch Vorräte an, sondern produzieren nur noch die in den Rabattverträgen ausgehandelten Mengen. Steigt aber aus diversen Gründen der Bedarf, müssen Apotheken für die Versorgung ihrer Patienten, auf andere Hersteller des gleichen Wirkstoffs ausweichen. Die anderen Hersteller sind jedoch oft nicht auf den erhöhten Bedarf und eine schnelle Lieferung vorbereitet und kommen mit der Produktion nicht nach. Auch so entstehen dann auch oft Lieferengpässe.

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Was sagt die Politik dazu?

Auch in der Politik ist die Versorgungsproblematik ein aktuell diskutiertes Thema, welches von unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird. Es wird regelmäßig geprüft, welche Maßnahmen dazu geeignet sein könnten, Lieferengpässen bei Arzneimitteln angemessen zu reduzieren.

Ärzte und Apotheker fordern von der Bundesregierung in Deutschland strengere Auflagen für Pharmafirmen. Zum einen regulierte Auflagen zur Versorgungssicherheit von gewissen Medikamenten, ähnlich wie dies bei Trinkwasser, Elektrizität oder andere Grundlagen der Fall ist. Zudem fordern sie für Pharmaunternehmen eine verpflichtende Vorratshaltung für besonders wichtige Arzneimittel. Bei ausbleibenden Lieferungen sollen den Herstellern dann härtere Strafen drohen. Auch die Forderung, dass Pharmafirmen in Zukunft per Gesetz dazu verpflichtet werden sollten, wichtige Medikamente in Deutschland herzustellen wird von den Parteien diskutiert. Die Situation bleibt also spannend und solange vom Gesetzgeber kein konkreter Vorschlag für eine Gesetzesänderung kommt, werden die Lieferengpässe weiterhin ein Problem für Apotheken, Ärzte und Patienten darstellen.

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Fabian Kaske

Managing Director

Hi,

ich bin Fabian und Managing Director von Dr. Kaske und in allen relevanten Projekten mit Herz und Seele involviert. Neben der Unternehmensführung promoviere ich extern an der Universität Augsburg zum Thema Online-Marketing-Kommunikation. Vor dem Einstieg in die väterliche Agentur sammelte ich Erfahrung in der Unternehmensberatung Oliver Wyman sowie bei Procter & Gamble. Davor absolvierte ich ein Managementstudium in Oestrich-Winkel (EBS), Singapur (NUS), Paris (ESCP) und Hong Kong (CUHK). Somit schuf ich mir die Voraussetzungen Experte in meinem Fachgebiet zu sein und gehe als gutes Beispiel für die Mitarbeiter voran.

Funfact über Fabian: Als Kind hatte ich langes und strohblondes Haar – einige Frauen sind sicher neidisch gewesen. 

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