Regulatorische Herausforderungen des Influencer Marketings

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Lesedauer: 10 Minuten

Die regulatorischen Herausforderungen des Influencer Marketings in der Pharmaindustrie

Influencer Marketing hat in vielen Branchen an Bedeutung gewonnen, auch in der Pharmaindustrie. Influencer helfen dabei, Markenbewusstsein zu schaffen, Glaubwürdigkeit aufzubauen und eine engagierte Zielgruppe zu erreichen. 

Die Pharmaindustrie steht jedoch vor besonderen regulatorischen Herausforderungen. Influencer müssen nicht nur allgemeine gesetzliche Bestimmungen einhalten, sondern auch spezifische Richtlinien für Arzneimittelwerbung beachten. Dazu gehören u.a. korrekte Angaben zu Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Dosierungen. 

Trotz der Herausforderungen bietet Influencer Marketing in der Pharmaindustrie großes Potenzial. Mit sorgfältiger Planung und Einhaltung der Vorschriften können Unternehmen und Influencer gemeinsam erfolgreich sein. 

 

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UNTERSCHIEDE ZWISCHEN NEM, OTC- UND RX-ARZNEIMITTELN

Im Influencer Marketing gibt es bedeutende Unterschiede zwischen Nahrungsergänzungsmitteln (NEM), OTC-Arzneimitteln (rezeptfrei) und verschreibungspflichtigen Medikamenten (RX-Arzneimitteln). Die größte Differenz liegt in der Verfügbarkeit und den regulatorischen Anforderungen. 

  • Nahrungsergänzungsmittel (NEM) fallen unter die Kategorie der Lebensmittel und unterliegen keiner Zulassungspflicht, sondern lediglich einer Meldepflicht beim Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Hersteller müssen über potenzielle Risiken wie Allergene informieren, jedoch nicht über Gegenanzeigen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten. Gesundheitsbezogene Aussagen sind erlaubt, müssen sich jedoch auf normale Körperfunktionen beziehen und den Vorgaben der Health-Claims-Verordnung der EU (Europäische Union) entsprechen. 
  • OTC-Arzneimittel sind frei verkäuflich in Apotheken und Drogerien. Während auch sie bestimmten Werberichtlinien unterliegen, sind diese Vorschriften weniger streng als bei RX-Produkten. Influencer haben hier mehr Spielraum, müssen aber dennoch sicherstellen, dass sie korrekte und verantwortungsvolle Informationen weitergeben. 
  • RX-Arzneimittel dürfen nur auf ärztliche Verschreibung hin erworben werden und unterliegen strengen Werbebeschränkungen, um Missbrauch und Fehlanwendung zu verhindern. Werbung für diese Medikamente ist stark reguliert und auf sozialen Medien verboten, um das Risiko von Fehlinformationen und schwerwiegenden gesundheitlichen Konsequenzen zu minimieren. 
 

Für Marken, die mit Influencern zusammenarbeiten, ist es essenziell, die Unterschiede und Risiken bei der Promotion dieser drei Kategorien zu verstehen. Nur so können sie sicherstellen, dass die Werbung sowohl den gesetzlichen Vorgaben entspricht als auch das Vertrauen der Verbraucher bewahrt. 

Grundsätzlich gilt: Transparente und sachgerechte Kommunikation von Werbemittel durch Influencer müssen in ihren Beiträgen klar und deutlich angeben. Die Kennzeichnung sollte für die Zuschauer leicht erkennbar sein, zum Beispiel durch klare Begriffe wie „Werbung“ oder „Anzeige“ (ein Hashtag z. B. #ad ist nicht erlaubt). Wichtig ist, dass ein Post auf den ersten Blick als werblich zu erkennen ist und der Sponsor leicht zu identifizieren sind. 

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    INFLUENCER MARKETING FÜR NEM

    Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel und dienen lediglich als Ergänzung zur Ernährung. Sie unterliegen keiner Zulassungspflicht oder Prüfung durch das Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, sondern müssen nur gemeldet werden.  

    Hersteller sind für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich und müssen über potenzielle Risiken wie Allergene informieren, jedoch nicht über Gegenanzeigen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten. Für Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe gibt es keine festgelegten Höchstmengen, sondern nur Empfehlungen. 

    Influencer dürfen gesundheitsbezogene Aussagen machen, solange diese sich auf normale Körperfunktionen beziehen und nicht auf spezifische Krankheiten. Diese gesundheits- und nährstoffbezogenen Angaben müssen den Vorschriften der Health-Claims-Verordnung der EU entsprechen. Alle zugelassenen Health Claims dürfen nur verwendet werden, wenn das Nahrungsergänzungsmittel die erforderlichen Inhaltsstoffe in der vorgeschriebenen Mindestmenge enthält. 

    Im Influencer Marketing für Nahrungsergänzungsmittel ist es nicht gestattet, Aussagen zu machen, die spezifische Krankheiten behandeln oder heilen sollen. Außerdem dürfen keine falschen oder irreführenden Behauptungen über die Wirksamkeit oder die Inhaltsstoffe des Produkts gemacht werden. Werbung darf auch nicht suggerieren, dass eine ausgewogene Ernährung ohne Nahrungsergänzungsmittel unzureichend ist. Alle Aussagen müssen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und korrekt gekennzeichnet sind, um Verbraucher nicht zu täuschen. 

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    INFLUENCER MARKETING FÜR OTC

    Für Unternehmen bietet der Umgang mit OTC-Arzneimitteln eine größere Bandbreite an Werbemöglichkeiten als im Vergleich Rx-Arzneimittel. Influencer können diese Produkte kreativ in ihre Inhalte integrieren und ihre persönlichen Erfahrungen teilen, ohne spezifische medizinische Anwendungen oder Heilversprechen zu kommunizieren. Arzneimittelhersteller müssen jedoch bei der Zusammenarbeit mit Influencern das Heilmittelwerbegesetz (HWG) beachten, um sicherzustellen, dass Verbraucher nicht unsachgemäß beeinflusst werden. Nach §11 HWG ist es beispielsweise untersagt, bei der Werbung für rezeptfreie Arzneimittel Experten oder Krankengeschichten vorzuschieben, die den Verbrauch anregen könnten. 

    Ein ausführliches und gut durchdachtes Briefing seitens des Unternehmens oder der Pharma-Marketing-Agentur ist entscheidend für eine erfolgreiche Influencer-Marketing-Kampagne. Ein solches Briefing dient als Leitfaden und ermöglicht es den Influencern, die Ziele, Botschaften und Zielgruppen der Marke besser zu verstehen.  

    Pharmakovigilanz bei OTC-Arzneimittel 

    Pharmakovigilanz bezeichnet die Überwachung und Bewertung der Sicherheit von Arzneimitteln, um Nebenwirkungen und sicherheitsrelevante Informationen zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Im Influencer Marketing gewinnt dieses Thema besondere Bedeutung, da Influencer oft Tausende, wenn nicht Millionen von Personen erreichen und erheblichen Einfluss auf deren Verhalten und Wahrnehmung ausüben können. Eine Schulung im Bereich der Pharmakovigilanz ist daher für apothekenpflichtige Arzneimittel essenziell. Sie stellt sicher, dass Influencer bei der Bewerbung von Medikamenten oder medizinischen Produkten korrekte und verantwortungsbewusste Informationen weitergeben. Dies schützt die Verbraucher und minimiert rechtliche und ethische Risiken für Marken und Influencer. Durch eine solche Schulung können Influencer potenzielle Nebenwirkungen erkennen, die in den Kommentaren oder Nachrichten der Follower erwähnt werden, und diese an die Unternehmen oder zuständigen Behörden weiterleiten. 

    Prominente als Testimonials für OTC-Arzneimittel 

    Prominente dürfen keine Arzneimittel unmittelbar empfehlen. Aus diesem Grund erklärte das Oberlandesgericht Karlsruhe 2015 eine Werbung der Schauspielerin Ursula Karven für Schüßler-Salze für unzulässig.  
    Das bedeutet auch, dass Influencer wie Pamela Reif, Dagi Bee und Rezo u. v. w. keine Werbung für OTC-Arzneimittel machen dürfen. Influencer, die in der Presse erwähnt werden oder einen blauen Haken besitzen, könnten in der Öffentlichkeit als „Prominente“ wahrgenommen werden. Der „blaue Haken“ wird von Plattformen wie Instagram und Twitter vergeben, um die Authentizität und Bedeutung eines Kontos zu bestätigen. Es gibt jedoch keine feste Regelung, die genau definiert, ab wann ein Influencer als prominent gilt. Influencer mit einem solchen Status haben oft eine große Reichweite mit über 200K Follower und genießen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit in der Online-Community. 

    Zusammenarbeit mit Micro-Influencern 

    Aufgrund der strengen Werbevorschriften empfiehlt es sich, bei der Werbung für OTC-Arzneimittel eher mit Micro-Influencern zusammenzuarbeiten. Diese Influencer haben zwar eine geringere Reichweite, können aber genauso wertvoll sein wie reichweitenstarke Mega-Influencer, sofern sie gut zur Marke und den Inhalten passen. Entscheidend ist, dass die Person authentisch wirkt und eine enge Verbindung zur Zielgruppe hat.  
    Diese Influencer haben oft eine engere Verbindung zu ihrer Zielgruppe und können authentischer und glaubwürdiger kommunizieren. Wichtig ist, dass die Person gut zur Marke und den Inhalten passt.  

    Lesen Sie unseren Blogartikel: Nischeninfluencer in der Pharma-Branche

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    INFLUENCER MARKETING FÜR RX

    In Deutschland unterliegt das Influencer Marketing für verschreibungspflichtige (RX) Produkte strengen regulatorischen Vorschriften. Gemäß § 10 Absatz 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ist Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente für Endverbraucher grundsätzlich verboten. Dies schließt auch das Influencer Marketing ein.  

    Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden (§ 10 Absatz 1 HWG). 

    Die strengen gesetzlichen Vorgaben dienen dem Schutz der Verbraucher vor irreführender oder potenziell schädlicher Werbung. 

    Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ist fundamental, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Pharmaunternehmen und Influencer, die mit verschreibungspflichtigen Medikamenten arbeiten möchten, sollten die aktuellen rechtlichen Vorschriften sorgfältig prüfen und sich gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen, um sicherzustellen, dass sie in Übereinstimmung mit dem Heilmittelwerbegesetz handeln. Die Rx-Kommunikation stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar, da laut HWG eine öffentliche Werbung für verordnungspflichtige Präparate verboten ist (§ 10/11 HWG). 

    Fokus auf Awareness und Patient Centricity 

    Im Bereich der RX-Arzneimittel konzentriert sich das Influencer Marketing vor allem auf die Sensibilisierung und Aufklärung (Disease-Awareness-Kampagnen). Das eigentliche Produkt steht nicht im Fokus, aber dennoch bietet diese Art des Marketings einen wertvollen Mehrwert. Medfluencer oder Patienten können eine unterstützende Gemeinschaft aufbauen, die wertvolle Ratschläge, Erfahrungen und Hilfestellung bietet, besonders für Betroffene von seltenen Erkrankungen. 

    Pharmaunternehmen können dies durch Informationsmaterialien, Apps und andere Maßnahmen erreichen. Disease-Awareness-Kampagnen werden eingesetzt, um sowohl Ärzte als auch die breite Öffentlichkeit für bestimmte Krankheiten und deren medikamentöse Behandlung oder Prävention zu sensibilisieren. 

    Erfahren Sie hier mehr über Medfluencer: Medfluencer für Pharmaunternehmen 

     

    Verantwortung und Pharmakovigilanz für Influencer 

    Auch wenn bei solchen Kampagnen das Produkt nicht direkt beworben wird, ist es entscheidend, dass alle Beteiligten, einschließlich der Influencer, über die Grundlagen der Pharmakovigilanz (PV) informiert sind. Eine PV-Schulung stellt sicher, dass Influencer mögliche Nebenwirkungen oder unerwartete Reaktionen, die in den Rückmeldungen der Follower erwähnt werden, erkennen und adäquat darauf reagieren können. Diese Informationen können dann an das pharmazeutische Unternehmen oder die zuständigen Behörden weitergegeben werden. Eine solche Schulung gewährleistet, dass die Kommunikation im Rahmen der Awareness-Kampagne nicht nur informativ, sondern auch sicher und verantwortungsbewusst ist, wodurch das Risiko potenzieller rechtlicher oder ethischer Konflikte minimiert wird. 

    Rx Marketing in Fachkreisen  

    Neben der allgemeinen Öffentlichkeit dürfen verschreibungspflichtige Medikamente (Rx) in Deutschland jedoch in Fachkreisen beworben werden, also bei medizinischem Fachpersonal wie Ärzten, Apothekern und Heilpraktikern (§ 10 Absatz 1 HWG). Diese Art der Werbung fällt ebenfalls unter das Heilmittelwerbegesetz, jedoch sind die Bestimmungen hier weniger streng als bei der Verbraucherwerbung. Fachkreise können durch gezielte Fortbildungen, wissenschaftliche Publikationen, Fachkongresse und direkte Informationsgespräche mit Pharmaunternehmen über neue Entwicklungen und Therapien informiert werden. 
    Hierbei spielt die Bereitstellung evidenzbasierter Informationen eine zentrale Rolle. Pharmaunternehmen müssen sicherstellen, dass alle vermittelten Informationen korrekt, wissenschaftlich fundiert und auf dem neuesten Stand der Forschung sind.  

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    FAZIT: INFLUENCER MARKETING IN DER PHARMA-BRANCHE

    Influencer Marketing in der Pharma- und HealthCare-Branche ist eine wirkungsvolle Methode, um Produkte und Dienstleistungen einem breiteren Publikum vorzustellen. Unternehmen und Influencer müssen jedoch besonders darauf achten, die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes zu erfüllen.  
    Transparenz, Genauigkeit und ethische Verantwortung sollten stets im Mittelpunkt stehen, um das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen und die Integrität des Gesundheitswesens zu wahren. Erfolgreiches Influencer Marketing in dieser Branche erfordert die sorgfältige Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und ethischer Standards. 

    Als spezialisierte HealthCare-Agentur sind wir die Experten in diesem Bereich und setzen gerne maßgeschneiderte Influencer- und Fachkreis Kampagnen für Pharmaunternehmen um. Lassen Sie uns gemeinsam Ihre nächste erfolgreiche Kampagne planen.  

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      Fabian Kaske

      Managing Director

      Hi,

      ich bin Fabian und Managing Director von Dr. Kaske und in allen relevanten Projekten mit Herz und Seele involviert. Neben der Unternehmensführung promoviere ich extern an der Universität Augsburg zum Thema Online-Marketing-Kommunikation. Vor dem Einstieg in die väterliche Agentur sammelte ich Erfahrung in der Unternehmensberatung Oliver Wyman sowie bei Procter & Gamble. Davor absolvierte ich ein Managementstudium in Oestrich-Winkel (EBS), Singapur (NUS), Paris (ESCP) und Hong Kong (CUHK). Somit schuf ich mir die Voraussetzungen Experte in meinem Fachgebiet zu sein und gehe als gutes Beispiel für die Mitarbeiter voran.

      Funfact über Fabian: Als Kind hatte ich langes und strohblondes Haar – einige Frauen sind sicher neidisch gewesen. 

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